Geschichte

Martin Luthers reformatorische Gedanken kamen bereits in den 1520er-Jahren in die Neuhauser Gegend. Großen Einfluss auf deren Verbreitung hatten die Gutsherren, die in der Herrschaft Neuhaus aus dem böhmischen (protestantischen) Hochadel stammten. Im Jahr 1591 war Neuhaus rein evangelisch. Die Protestanten bauten am Fuße der Burg Dobra/Neuhaus eine Kirche an dem Platz, an dem sich heute der alte evangelische Friedhof befindet. Eva Popel-Lobkowitz, verheiratet mit Franz II. Batthyány, einem eifrigen Förderer des Protestantismus, der Wissenschaften und Künste, war eine überaus bemerkenswerte Frau in der Geschichte des westungarisch-burgenländischen Protestantismus. Sie entstammte dem mächtigen böhmischen Adelsgeschlecht der Lobkowitz, wurde in protestantischer Tradition erzogen und hielt im Gegensatz zu ihrem Gemahl, der sich der Lehre Calvins zuwandte, am Luthertum fest. Nach dem Tod ihres Gatten im Jahr 1625 bekam Eva Popel-Lobkowitz einen Teil der Herrschaften zugeteilt, unter anderem die Herrschaft Neuhaus am Klausenbach, die sie, neben St. Gotthard, Grad, Rakicsán u.a. in die Ehe eingebracht hatte. Neuhaus wurde zum Zufluchtsort für viele lutherische Prediger, die sie entweder anstellte oder ihnen zumindest den Aufenthalt als Gäste in einem ihrer Schlösser ermöglichte. Dies war umso notwendiger, als ihr bei den Jesuiten erzogener Sohn Adam I. Batthyány 1634 im Alter von zwanzig Jahren zum Katholizismus konvertierte. Um diesen Konfessionswechsel gab es heftige Konflikte zwischen Mutter und Sohn. Bis zu ihrem Tod hielt Eva Popel-Lobkowitz ihre schützende Hand über die Evangelischen, vor allem in ihren Herrschaften, vereinzelt auch im Herrschaftsbereich Adam Batthyánys. Dass die Evangelischen im südlichen Burgenland überleben konnten, ist zumindest teilweise auch ihr zu verdanken. 1640, nach dem Tod Eva Batthyánys, wurde die Neuhauser evangelische Kirche von ihrem Sohn Adam I. Batthyány den Katholiken zugesprochen und verfiel rasch, da es in Neuhaus keine katholischen Gläubigen und auch keinen Priester gab. 1648 erfolgte der Bau einer neuen evangelischen Kirche. Das Baumaterial wurde von der ersten, ab 1591 erbauten und inzwischen sehr baufälligen evangelischen Kirche genommen. Als diese bis zu den Fenstern fertig war, musste der Bau eingestellt werden; erst später erhielten die Evangelischen doch die Erlaubnis, die Kirche fertigzustellen. 1690, nach der Fertigstellung bis zum halben Kirchturm, wurde diese evangelische Kirche dann aber von der Herrschaft unter Adam II. Batthyány den katholischen Glaubensbrüdern übergeben und katholisch geweiht. Die beiden Glocken, die noch von den Evangelischen angeschafft worden waren, hingen auf einem provisorischen Holzgestell. Es gab nur 78 Katholiken in der Pfarre, dafür aber 802 Personen, die dem evangelischen Glauben anhängig waren. Auf dem Platz des heutigen katholischen Pfarrhofs wurde eine behelfsmäßige evangelische Kirche errichtet.

Aus der Zeit der Gegenreformation (1555-1648), bis zum Erlass des Toleranzpatents unter Kaiser Joseph II im Jahr 1781, gibt es kaum Aufzeichnungen.

Das Bethaus in Eltendorf spielte für Neuhaus am Klausenbach eine bedeutende Rolle, denn ab dem Jahr 1783 feierten die Neuhauser Evangelischen hier Gottesdienst – ein großer Fortschritt, denn bis zu diesem Zeitpunkt war die nächste evangelische Kirche die hundert Kilometer entfernte Artikularkirche von Nemescsó bei Güns/Köszeg!

1792 wurde die evangelische Gemeinde Neuhaus wiedererrichtet und 171 evangelische Familien schlossen sich ihr an. Graf Maximilian Batthyány spendete den „Schmidt-Garten“ für die Errichtung von Kirche, Pfarrhaus und Schule. Die Schenkung erfolgte mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, „dass, im Falle etwa in künftigen Zeiten, aus Umständen, die man nicht vorsehen kann, dieser Gottesdienst dahier aufhören sollte, soll der Grund und die darauf erbauten Gebäude, da ich die Materialien umsonst dazu hergegeben habe, an mich oder meinen nachkommenden Erben umsonst zurückfallen.“ Jedoch befahl der Graf, die von den Evangelischen für die Gebäude bereits aus der verfallenden Burg Dobra/Neuhaus gebrochenen Steine auf eigene Kosten zu den herrschaftlichen Gütern in St. Martin (zum Bau der Herrschaftsmühle, heutige Clement-Mühle) und Ikervár zu transportieren; sie durften nicht für den Kirchenbau verwendet werden. Erst im Jahr 1794 kam es deshalb zum Bau des so genannten „Toleranzbethauses“, unserer heutigen Evangelischen Kirche. Erster Pfarrer war Christian Ehrenreich von Artner aus Ödenburg (Sopron). Mit dem Ende der Baueinschränkungen des Toleranzpatents wurde es dann möglich, im Jahr 1801 die Kirche um einen Turm zu erweitern, der 1804 fertiggestellt wurde. Im Jahr 1839 wurde die Kirche erweitert, 1865 das Pfarrhaus umgebaut, 1875 kam ein neues Wirtschaftsgebäude (der heutige alte Gemeindesaal) dazu; in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte eine Vergrößerung der Kirche (neuer Dachstuhl 1892, Emporen, Sakristei), ebenso der Schule. Und zum 100-Jahr-Jubiläum 1894 wurde die Kirche umfassend renoviert und ausgebaut – seitdem schmückt den Kirchturm eine Uhr, eine für die damalige Zeit hochmoderne Anschaffung. Ebenfalls im Jubiläumsjahr kam der Taufstein von Berlin nach Neuhaus. Und auch das heutige Altarbild („Jesus auf dem Ölberg“), ein privates Geschenk an die Pfarrgemeinde, stammt aus dieser Zeit. Seit dem hundertjährigen Bestehen hat die Neuhauser Kirche ihr heutiges Aussehen behalten. Im Jahr 1894 kam sogar eine Spende von Kaiser Franz Joseph I., in Höhe von 100 Gulden. Weitere Unterstützung kam vom Gustav-Adolf-Verein, der Studentenschaft von Halle an der Saale und den Gemeinden Eltendorf und Oberschützen.

Im Jahr 1905 erhielt die Kirche eine pneumatische Orgel mit sechs Registern. Insgesamt 294 Orgelpfeifen sind auf die Manualregister verteilt, in den Pedalen stehen je 26 Pfeifen zur Verfügung. Orgelrenovierungen erfolgten zuletzt in den Jahren 1981 und 2003. Die im Zuge des 2. Weltkriegs eingeschmolzenen Glocken wurden 1949 durch drei neue ersetzt, die noch heute in unserem Kirchturm hängen.

1981 wurde die Kirche – anlässlich der Feiern zu „200 Jahre Toleranzpatent“ – einer umfassenden Sanierung unterzogen.

Das in die Jahre gekommene Pfarrhaus erfuhr in den Jahren 2006/07 eine umfangreiche Sanierung und den Ausbau des Dachgeschosses. Der Zubau des neuen Traktes, der neben Büroräumlichkeiten und Sanitäranlagen vor allem den neuen multifunktionalen Gemeindesaal beherbergt, wurde ebenfalls 2007 abgeschlossen. Die Mittel für die erforderlichen aufwändigen Baumaßnahmen konnte die Pfarrgemeinde zum Teil durch Spenden aus der gesamtburgenländischen Haussammlung aufbringen.

Im Pfarrgebiet von Neuhaus am Klausenbach, das das gesamte Gebiet des Südburgenlandes südlich der Raab umfasst, leben heute knapp 1.100 Evangelische.

In Teilen der Festschrift „200 Jahre Evangelische Kirche Neuhaus am Klausenbach“ aus dem Jahr 1995 entnommen. Aufrichtiger Dank an Martin Wolf für viele ergänzende Informationen.

Eva Popel-Lobkowitz (1585-1640)
Adam I. Batthyány (1610-1659)
Neuhaus 1856 – Der Schlossberg mit den beiden Kirchen
2021 – Neuhaus (Foto: Hannes Wagner)